Vergiftung – oder nur
zu viel gefeiert?

 

Von einer chronischen Vergiftung spricht man bei langdauernder Einwirkung (Exposition) eines Giftes. An ihrem Beginn stehen bei den meisten verursachenden Stoffen ein ganzes Bündel unspezifischer Anfangssymtome wie Appetitlosigkeit, depressive Verstimmung, Konzentrationsschwäche, Magenbeschwerden, Verdauungsstörungen, Müdigkeit, Schlafstörungen, Schwächegefühl, Schwindel, Lustlosigkeit und viele mehr, von denen man einzelne oder oft mehrere gleichzeitig an sich beobachten kann. Das ist auch der Grund, weshalb man geneigt ist, solche Symptome für vorübergehende Unpäßlichkeiten zu halten, die man dann mit Schwierigkeiten in der Familie, mit Überarbeitung, mit Streß bei Auftraggebern, mit "verschleppter Grippe", mit zu wenig Schlaf und anderem erklärt. Schwierig wird es spätestens dann, wenn solche Zustände über Monate, ja Jahre andauern. Dann ist es unbedingt erforderlich, einen Arzt aufzusuchen, der idealerweise etwas von Umweltmedizin versteht. Wenn eindeutige Anzeichen für pathologische Vorgänge gefunden werden wie z. B. ein verändertes Blutbild, ein pathologischer Urin-Befund oder vergrößerte Lymphknoten, dann kann im Labor nach möglichen Ursachen gefahndet werden. Besonders Männer leben riskant, denn Männer meiden den Arztkontakt, so lange es irgend geht. Aus meiner eigenen Praxis kann ich sagen, daß bei Männern, sind sie einmal wirklich krank und in der Klinik, es sich meist um sehr ernste und fortgeschrittene Erkrankungen handelt. Das wird allgemein auch als ein Grund mit dafür angesehen, daß Männer immer eine geringere Lebenserwartung haben als Frauen und das selbst dann, wenn beide Geschlechter die längste Zeit ihres Lebens bei vermutlich gesunder Kost in Klöstern verbracht haben.



Gifte – unbekannt
und unterschätzt

 

Da sie nicht direkt mit der Arbeit im Atelier in Verbindung stehen und weil ihre Anzahl so groß ist, fehlen in dieser Zusammenstellung alle die Schadstoffe, die wir in der Landwirtschaft, in Lebensmitteln und beim Kochen, Grillen und Brutzeln finden können, wenngleich wir manchen von ihnen, wie die Kohlenwasserstoffe oder Nitrosamine, sowohl in Lebensmitteln als auch in Farben oder Kunststoffen begegnen können. Diese können dann auch in Verbindung mit auf anderem Wege, z. B. im Atelier aufgenommenen Schadstoffen problematische Allianzen ergeben. Und wer Material verwendet, das seinerseits schon alt ist wie z. B. Fundstücke vom Trödelmarkt, Bestandteile alter Maschinen oder Metallteile, alte Stoffe oder Haushaltsgegenstände, Reste alter Holzbauteile u. a. sollte damit rechnen, dabei mit Schadstoffen in Kontakt zu kommen, die heute nicht mehr erlaubt sind bzw. nicht mehr verwendet werden, aber durchaus noch schädigendes Potential haben können.

Traditionelle Arbeitsmaterialien wie Papier, Tinte, Tusche, Bleistift (der übrigens kein Blei, sondern Graphit enthält), Leinwand bzw. Nessel, Keilrahmen, Pinsel, Spatel, Aquarellfarben, Wachsmalstifte oder Ölfarben (nicht aus China), Leinölfirnis, Ton oder Gips kann man allgemein als unbedenklich bezeichnen. Das trifft aber nicht immer zu auf Kugelschreiber, Filzstifte u. ä. Ein Verkäufer von Künstlermaterial ist auskunftspflichtig über die Inhaltsstoffe seiner Produkte. Dies kann aber nicht erwartet werden, wenn man sein Material vom örtlichen Schreibwarenladen oder dem Selbstbedinungsregal des Supermarkts bezieht.

Mehrheitlich begegnen wir weitverbreiteten Chemikalien wie den VVOCs (= very volatile organic compounds = sehr flüchtige organische Verbindungen), den VOCs (= volatile organic compounds = leichtflüchtige organische Verbindungen) und den SVOCs (= semovolatile organic compounds = schwerflüchtige organische Verbindungen) und ihren weiteren Verbindungen:

Acrolein
(= 2-Propenal) entsteht aus Verbrennungs- und Pyrolyseprozessen jeder Art, besonders bei nicht sehr hohen Temperaturen, z. B. bei Überhitzung von Speisefetten beim Braten, beim Abbrennen von Räucherstäbchen, im Tabakrauch, in der Kerzenflamme, beim Abbrennen leinölbehandelter Holzabfälle und beim Bearbeiten von Werkstücken mittels offener Flamme. Da Acrolein hoch reaktiv ist, kann es an Proteine binden. Es wird ähnlich wie Formalin zur Fixierung in der Elektronenmikroskopie eingesetzt, außerdem ist es Zwischenprodukt von Glycerin, von Herbiziden und der essentiellen schwefelhaltigen Aminosäure Methionin. Acrolein ist sehr giftig (MAK-Liste: krebserzeugend), giftiger als Phosgen und Chlorgas. Im 1. Weltkrieg hat man es als "Gasmaskenbrecher" eingesetzt.